Als ich am Sonntag das Studio betrat, um mich auf das Shooting, das ich an dem Tag gehabt hätte, vorzubereiten, traf mich innerhalb weniger Sekunden der Schlag.
Erst wunderte ich mich nur, warum ich bei meinem kleinen Schränkchen links neben der Haustür eine Tür offen gelassen hatte, dachte aber noch, dass ich sicher einfach verpeilt hatte, sie zu schließen. Als ich dann um die Ecke ins Büro gehen wollte, sah ich sofort die große Lücke auf meinem Schreibtisch und die vielen Kabel, die herumlagen. Mir war sofort klar, was los ist. Ich war geschockt und brachte im ersten Moment nicht mehr raus als neinneinneinneinneinnein…., weil ich in diesem Moment nicht ausmachen konnte, was ich noch entdecken würde, wenn ich weiter gehe und mich weiter umsehe. Das war beängstigend.
Ich lief durchs Studio in den Flur und klingelte bei meiner Nachbarin von oben sturm und brüllte nur, dass eingebrochen worden sei.
Dann rief ich die Polizei und meine Kunden an, denn unser Shooting musste ich nun leider absagen.
Alles lief völlig automatisch. Ich dachte daran, nichts anzufassen, so wie ich das in Filmen immer sehe.
Ich versuchte mir einen Eindruck davon zu machen, was genau passiert ist, was geklaut wurde, wie groß der Schaden ist.
Meine Nachbarin war da schon unten bei mir, wofür ich sehr dankbar war.
Ich dachte an meine geliebte Fuji, die im Studio war als Backup, falls mit meiner eigentlichen Kamera, die ich nie im Studio lasse, mal etwas sein sollte. Sie stand noch dort in der Kameratasche in der Ecke, in der sie immer stand. Daneben geöffnete Schranktüren und durchwühlte Boxen. Sie haben sie nicht gesehen. Der größte Wert in diesem Studio und sie haben sie nicht gesehen.
Ich merkte schnell, dass an dem, was fehlte, mein Herz nicht hing und dass es finanziell zum Glück keinen immensen Verlust für mich bedeutete.
Dennoch ging ich das Studio dutzende Male ab für den Fall, dass ich doch etwas übersehen oder vergessen hatte.
Alle meine Deko-Stücke, die ich über Jahre gesammelt habe, alte Fotografien, alte Bilder, Erinnerungen… alles, an dem mein Herz hing, war noch da. Nichts, das für jemand anderen einen Wert hätte, aber eben für mich. „Lizbeth“ war noch da.
Es fehlte mein alter iMac, Tastatur und Maus ließen sie da, auch Samsung-Kopfhörer und Original-Akkus von Canon, mein altes iPad, die/das direkt am iMac lagen, ließen sie da. Sie nahmen alle alten Vintage-Kameras mit, die ich zur Deko nutzte, meine alte Canon 7D und meine Studio-Lampen. Leider hatte ich meinen Bluetooth-Lautsprecher am iMac aufgeladen, sonst hätten sie den vermutlich nicht entdeckt.
Es war für mich nicht nachvollziehbar, was sie mitnahmen und da ließen. Auch wie sie vorgegangen sind, nicht. Es blieben und bleiben viele Fragezeichen (Warum lag ein Küchenschwamm, der nicht von mir war, am Fenster? Warum wurde ein altes Straßenschild vom Flur in eines der Zimmer geräumt? Wieso lag eine meiner großen Büroklammern verbogen in einem der Räume? Wieso wurden Handtücher geklaut? Wieso wurden Blüten einer Kunstblume abgerissen?…) Wie sie reingekommen sind, weiß ich aber mittlerweile: durch die Fenster im Raum vor den Toiletten, dort hinterließen sie auch das größte Chaos, da sie vermutlich mehrmals durchs Fenster raus und rein sind.
Das war für mich am schlimmsten auszuhalten, dieses Chaos und die Lücken auf dem Schreibtisch und den Schränken zu sehen, wo mal meine Sachen standen.
Es war, als läge ein Schatten über meinem Studio und über den Sachen, die von ihnen angepackt wurden.
Den hinteren Raum musste ich gestern schon aufräumen, obwohl ich eigentlich dachte, ich bräuchte erstmal etwas Abstand. Ich ertrug es nicht, dass das Chaos weiterhin sichtbar war.
Die restlichen Räume habe ich heute wieder zu meinen Räumen gemacht, die Lücken gefüllt, so dass nun niemand mehr erkennt, was da vor ein paar Tagen passiert ist und was mir alles geklaut wurde. Zusätzlich habe ich mehrere Kameras installiert.
Ich bin enttäuscht darüber, dass das nötig ist. Enttäuscht von Menschen, die so etwas tun. Das war mir schlimmer, als der Verlust der Sachen. Diese bittere Enttäuschung. Ich bin prinzipiell ein Mensch, der an das Gute in jedem Menschen glaubt, der unvoreingenommen sein und immer Chancen geben möchte. Und dann kommt jemand und raubt dir diesen Glauben an das Gute in jedem Menschen. Für einen kurzen Moment.
Denn ich lasse nicht zu, dass ein Mensch es schafft, mich in diesem Glauben zu erschüttern. Ich lasse es nicht zu, dass es ein Mensch schafft, mir mein Konfetti zu nehmen, weiterhin die Welt bunt zu sehen, weiterhin lachen und fröhlich sein zu wollen, weiterhin das Leben positiv zu sehen, weiterhin auf das Leben zu vertrauen, darauf, dass nichts ohne Grund geschieht, darauf, dass am Ende immer alles gut werden wird.
Menschen können uns nur ärgern, wenn wir ihnen die Macht dazu geben. Sie können uns nur in unserem Glauben erschüttern, uns unser Konfetti nehmen, wenn wir es zulassen und ihnen die Macht dazu geben. Diese Macht gebe ich niemandem!
Manchmal wird man gezwungen, sich mit Menschen zu beschäftigen, mit denen man sich nicht beschäftigen möchte, wie mit diesen Einbrechern. Aber ich entscheide, wie lange und ich entscheide, welche Menschen mich auf meinem Weg lang- oder längerfristig begleiten dürfen.
Und nachdem ich heute mein Studio wieder zu meinem Studio gemacht habe und den Schatten über dem Studio mit ganz viel Konfetti verpustet habe, habe ich entschieden, diesen Einbruch für mich schon abzuhaken, mich mit den Menschen, die das getan haben, nicht mehr zu beschäftigen.
Ich verbuche das Ganze einfach als Warnschuss und als „Glück im Unglück“ und versuche es auch positiv zu sehen.
Ich glaube, dass sie sich an irgendeinem Punkt mächtig geärgert haben, das der größte Schatz von „Lizbeths Hundefotografie“ tonnenweise Deko ist, denn an einem Punkt schienen sie aufgehört und nicht weiter gesucht zu haben. Und über diesen Gedanken amüsiere ich mich köstlich. Das, was sie geklaut haben, hat keinen großen Wert und lässt sich nicht gut verkaufen. Es war das große Risiko, das sie eingegangen sind, nicht wert. Und ein bisschen dankbar bin ich auch. Sie hätten ganz viel zerstören können, einen großen emotionalen Schaden hinterlassen und verursachen können und das haben sie nicht getan. Sie hätten alle Möglichkeiten gehabt, mir richtig schwer zuzusetzen und haben sie nicht genutzt.
Also stehe ich wieder auf, denn auf dem Boden der Tatsachen liegt wirklich zu wenig Glitzer, richte mein Einhorn-Krönchen und mache weiter.
Am Donnerstag habe ich mein nächstes Shooting und freue mich nochmal mehr darauf, als ich mich eh immer schon auf meine Shootings freue.
Wir können Dinge, die passieren, nicht immer kontrollieren und nicht immer kontrollieren, welche Menschen in unser Leben treten.
Aber wir können kontrollieren, wie wir den Dingen, die passieren und den Menschen, die in unser Leben treten, begegnen. Wir bestimmen über deren Macht in unserem und über unser Leben. Wir alleine…
Ich habe so viele liebe Nachrichten erhalten die letzten Tage, so viele liebe Hilfsangebote, so viele „Fühl dich gedrückt!“-Nachrichten, das hat mir sehr, sehr gut getan und ich danke euch von ganzem Herzen dafür!
Und nun lasst uns wieder gemeinsam Konfetti verpusten!