„Weißt du?“ sagt Gero. „Ein würdiger Tod ist gar nicht so traurig, wenn er der Abschluss eines glücklichen Lebens ist.“ Ich muss schlucken. Ich sehe Gero an. „Du bist also nicht traurig, weil du deine Familie verlassen musstest?“, frage ich ihn. Gero schaut zu mir hoch und grinst mich an. „Wie könnte ich?!“ wirft er aus. Ich setze mich neben ihn. Unsere Schultern berühren sich. „Wie meinst du das, lieber Gero?“. Er schaut kurz weg und grübelt… „Meine Familie hat mich gerettet vor vielen Jahren. Ich dachte, ich würde mein Glück nie mehr finden in dieser Welt. Und dann kamen sie. Sie nahmen mich mit in ihr Zuhause, schenkten mir Wärme.. von außen und von innen. Sie taten alles für mich, waren immer da, fingen mich unzählige Male auf, waren mir eine Stütze, mein Halt, mein Leben. Sie machten mein Leben bunt, jeden Tag. Ich war der glücklichste Hund auf der ganzen Welt, immer wenn wir zusammen waren.“ „Aber Gero… nun bist du getrennt von ihnen…“ Es fällt mir schwer, weitere Worte zu finden. „Ich war ihnen nie näher!“, unterbricht er mich: „Ich bin tief in ihren Herzen. Wenn es schwer wird, das Herz, schicke ich ihnen Erinnerungen an unsere Tage am Meer, an unsere Reisen, unsere langen Spaziergänge und daran, wie wir zusammen im Garten gespielt haben. Ich will nicht, dass es schwer ist.
Sie haben dafür gesorgt, dass ich eine wunderbare Zeit mit ihnen hatte und sie haben mich gehen lassen, obwohl es ihnen so schwer fiel. Sie hätten nicht liebevoller zu mir sein können. Dieses Wissen habe ich mit auf meine letzte Reise genommen. Wie könnte ich also traurig sein, wenn sie mich bis zum Schluss mit so viel Liebe getragen haben?“ Mit Tränen in den Augen antworte ich: „Ich habe sie kennengelernt. Ich habe euch kennengelernt. Ich habe gesehen, wie sie dich angeschaut haben, wie sie über dich gesprochen haben. Ich habe die Liebe zwischen euch gesehen und gespürt. So eine Verbindung würde ich jedem Hund dieser Welt wünschen.“
Ich bin schon dabei wieder aufzustehen, als Gero sagt: „Würdest du ihnen etwas von mir ausrichten?“ Ich nicke langsam.
„Sag ihnen, dass ich möchte, dass sie wieder zum Strand fahren. Ich weiß, dass sie noch eine Reise geplant hatten…. mit mir. Ich hatte nicht die Kraft, ihren Wunsch zu erfüllen. Aber ich möchte, dass sie wieder fahren. Wir waren immer so glücklich am Meer. Nirgendwo fühlten wir uns so frei wie dort. Ich möchte, dass sie dorthin fahren, dass sie auf das weite Meer hinausschauen, die Nase in den Wind halten, die salzige Luft schmecken und den Wind im Gesicht spüren. Ich werde bei ihnen sein in diesem Moment und in die Fluten springen, wie ich es immer so gerne gemacht habe. Ich werde lachen und sie werden lachen. So sollen sie mich in Erinnerung behalten. Sagst du ihnen das?“
Bevor ich antworten kann, ist Gero verschwunden.
Ich schließe einen Moment meine Augen und sehe das Video vor mir, das sein Frauchen mir gezeigt hatte. Gero tobt am Strand, jagt die Fluten und ist in dem Moment tatsächlich der glücklichste Hund auf der ganzen Welt. „Gero, ich verstehe dich jetzt.“, flüstere ich. Das Meer hat ihn wieder und er kann nun für immer ein glücklicher Hund sein. Mach es gut, Gero. Es war mir eine große Freude, dich noch kennengelernt zu haben!