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Adsi

„Weißt du?“, sagt Adsi. „Dass sie nicht nur in guten Zeiten bei uns sind, sondern auch an Tagen, die ganz, ganz schwer sind, das ist das allergrößte Geschenk.“ Ich denke daran, wie ich vor dem Altar stand mit meinem Mann und wie man uns sagte„… in guten, wie in schlechten Zeiten…“

Ein lapidarer Satz, über den ich nie genauer nachgedacht habe. Und nun höre ich diesen Satz in Adsis Worten und von jetzt auf gleich gewinnt er plötzlich an Bedeutung. Ich bleibe stehen. Selten hatte ich diesen AHA-Moment so früh in einem dieser Regenbogenshooting-Gespräche. Adsi schaut zu mir hoch. Sie grübelt, warum ich grübele. Es fällt ihr schwer zu mir hochzusehen.

Ich setze mich auf das Mäuerchen, das Adsis Garten abgrenzt und schaue sie an. Ich atme tief ein und atme tief aus. Ich bin bereit…

„Meine liebe Adsi, wie sind die Tage im Moment für dich?“ Wir sind uns ganz nah, meine Nase… ihre Schnauze…. sie berühren sich fast. Doch sie schaut plötzlich weg, senkt ihren süßen, faltigen Kopf. „Es sind schwere Tage im Moment. Ich merke, dass ich mich verändere, dass sich alles irgendwie verändert. Ich verstehe nicht wieso und ich kann nichts dagegen tun.“ Sie schaut traurig aus. Ich frage sie: „Wieso möchtest du denn etwas dagegen tun?“. Ich streichel sie unter ihrem Kinn in der Hoffnung, dass sie dann wieder zu mir hinaufschaut. „Ich bin nicht mehr die Adsi, die ich war. Mein Körper spielt Streiche mit mir, ich komme nicht mehr mit, ich lebe mehr und mehr in meiner eigenen Welt. Mein Frauchen sieht mich anders an. Ich weiß, dass auch sie sieht, dass ihre Adsi sich verändert. Ich glaube, das ist manchmal ganz schon schwer für sie. Sie denkt oft zurück an die guten Tage, an besondere Momente, an denen wir gemeinsam gelacht haben, an denen unser Leben so unbeschwert war und nichts uns Kummer machte. Nun mache ich ihr immer wieder Sorgen. Und dieses sorgenvolle Gesicht, bricht mir mein Herz. Ich wollte doch immer nur, dass sie glücklich ist. Dass es ihr gut geht mit mir….“ Sie stockt, ich stocke. Mir laufen bereits die Tränen, ich habe es nicht gemerkt. Ich schaue in den Himmel, das beruhigt mich.

Adsi hat sich hingesetzt, das faltige Köpfchen noch immer gesenkt, sie atmet tief aus. Selten habe ich solch eine starke Trauer gespürt. „Adsi, es wird ihr immer gut gehen mit dir. In guten, wie in schlechten Zeiten… weißt du noch?“ Adsi hebt ihren Kopf, sie schaut mich wieder an und da ist es plötzlich: das Funkeln in ihre Augen. Ihr Blick wird stark, ihr Blick wird klar. „Und das ist der Beweis!“, lacht sie mich an. Ich kann nicht anders und lache mit ihr mit: „Für was denn nur, Adsi?“. Sie grübelt gar nicht lange. „Dafür, dass sie mich liebt. Sie bleibt bei mir, auch wenn es so viele schwere Tage gibt. Sie bleibt bei mir, auch wenn ich mich verändere. Sie bleibt bei mir, auch wenn unser Alltag ein ganz anderer geworden ist. Sie bleibt bei mir. In guten Zeiten war sie da. Und sie hat mich nie verlassen, so schwer es auch manchmal war… für sie… für mich… für uns beide. Könnte es einen größeren Beweis für die Liebe geben?“ Ich lache, während ich weine. Ich weine, während ich lache und schüttele meinen Kopf. „Nein, einen größeren Beweis gibt es tatsächlich nicht.“ Sie dreht den Kopf und schaut zu ihrem Frauchen: „Das ist der Grund, warum ich diese Zeiten durchstehen kann. Liebe ist der Grund. Sie ist der Grund. Ich weiß, sie wird bei mir sein, bis zum letzten Atemzug. Und so wie ihre Liebe mir helfen wird, bei all meinen schweren Schritten und auch bei meinem allerallerletzten Schritt auf Erden, wird meine Liebe ihr helfen. Denn auch ich werde in ihren schlechten Zeiten für sie da sein. Über den Tod hinaus werde ich da sein. Und meine Liebe wird da sein. Immer…“ Sie bricht ab. So schnell sie eben kann, läuft sie zu ihrem Frauchen.

Ich bleibe wieder zurück. Ich denke daran, welch ein großes Geschenk es ist, wenn man jemanden findet, der einen tatsächlich durch alle Zeiten begleitet. Ein Geschenk… wie wahr. Ich habe diese Geschenke schon erhalten. Ich habe diese Geschenke schon gegeben. Bis heute wusste ich sie nicht zu schätzen. Bis heute wusste ich nicht, wie reich diese Geschenke machen. Bis Adsi kam.

Ich bleibe noch eine Weile sitzen auf diesem Mäuerchen, ich schaue in den Himmel. Er verdunkelt sich, der Regen wird kommen. Ich kann ihn schon riechen.

Als die ersten Tropfen fallen, bin ich bereits auf dem Weg nach Hause. Ich lächle. Adsi hat mir ein Geschenk gemacht. Sie hat mich heute reich gemacht. Ich danke dir dafür.

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